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ÖH-Wahlen: Interview mit KSV-LiLi

Vom 9. bis 11. Mai finden die ÖH-Wahlen statt, die wir als Innsbrucker Studierendenmagazin in einer Interviewreihe näher beleuchten – jeden Tag erscheint ein Interview mit verschiedenen Spitzenkandidatinnen und -kandidaten. Wir starten heute mit dem Kommunistischen Student_innenverband Linke Liste, oder kurz: KSV-LiLi. Dazu haben wir uns mit der bundesweiten Spitzenkandidatin Lola Fürst zusammengesetzt und mit ihr das folgende Interview geführt.

Lola Fürst, Spitzenkandidatin des KSV-LiLi

Die Zeitlos: Die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen ist bekanntlich sehr gering. Warum glaubst Du, dass so viele Studierende nicht zur Wahl gehen?

Lola Fürst: Ich glaube die Wahlbeteiligung ist so gering, weil die ÖH gerade sehr entpolitisiert wird. Also es gibt Fraktionen, deren Ziel es ist, die ÖH so unpolitisch wie möglich zu machen. Deshalb verstehe ich es total, wenn sich Studierende nicht für eine Vertretung interessieren, die null politische Inhalte hat und  nur Servicepolitik macht. Wir als KSV-LilLi versuchen, die Studierenden mit politischen Inhalten abzuholen.

Könnte es auch an der geringen Sichtbarkeit der Arbeit von den bisherigen Hochschulvertretung liegen?

Das kann ich jetzt nicht genau beurteilen, aber ich glaube es ist schon wichtig, dass die ÖH sichtbarer wird. Und das eben auch mit politischen Standpunkten und nicht nur mit Spritzerständen vor der Uni, wo das ÖH-Logo gut zu sehen ist, weil des bringt nicht wirklich etwas. 

Und warum sollte man gerade euch wählen? Was sind eure Hauptanliegen?

Wir haben mehrere Forderungen: zum Beispiel eine Grundsicherung für alle Studierenden, damit es sich jeder leisten kann zu studieren, eine Krankenversicherung soll hier mit dabei sein.
Ebenfalls wollen wir jegliche Diskriminierung an Hochschulen bekämpfen. Wir sind gegen das Patriarchat, gegen den Kapitalismus und gegen den strukturellen Rassismus und natürlich sind wir auch die einzige ganz klar glaubhafte antifaschistische Fraktion: an der Uni Wien haben wir zum Beispiel das Referat für antifaschistische Gesellschaftskritik eingerichtet, was ganz wichtige Arbeit macht. Das hätten wir an der Uni Innsbruck auch vor, falls wir genug Stimmen bekommen.
Wir sind eine ganz klar links radikale Fraktion und möchten die ÖH Innsbruck wieder politisieren.

Wo liegt für euch derzeit das größte Problem an der Uni Innsbruck?

Ich würde sagen es gibt einige Probleme. Einerseits gibts noch ziemlich viel Rassismus und Sexismus an unserer Uni und die ÖH macht eigentlich fast nichts dagegen. Andererseits finde ich es auch wichtig, eine starke Stimme für die Studierenden zu sein und es fühlt sich gerade nicht so an, als ob die ÖH-Innsbruck das macht.

Ein großer Teil des ÖH-Beitrags geht an die Hochschulvertretungen. Wofür würdet ihr das Geld verwenden? Habt ihr konkrete Ideen?

Wir sehen es als ein großes Problem, dass dieses Geld derzeit für unnötige Projekte ausgegeben wird, wie zum Beispiel diese ÖH-Academy. Also das ist ja meiner Meinung nach ein bisschen verrückt und das sendet einfach die falschen Signale an die Studierenden. Nur Rhetorikseminare anzubieten mit diesem ganzen Geld sendet einzig das Signal, dass jeder irgendwie selbst seines eigenen Glückes Schmied ist.
Man könnte mit diesem Geld verschiedenste Proteste oder soziale Bewegungen unterstützen, was ja natürlich auch Studierende betrifft. Auch bei den Teuerungen hätte man viel mehr machen können. Die ÖH hat einfach sau viel Geld. Damit hätte man zum Beispiel einen Kautionsfond einrichten können, wo Studierende Gelder beantragen können, um ihre Kaution zu bezahlen.
Und eine weitere große Forderung von uns ist der Abtreibungstopf: ungewollt schwangere Studierende könnten dort Gelder beantragen, falls sie eine Abtreibung machen müssen. Die Kosten sind da echt groß und es gibt extrem wenig Fördermöglichkeiten.

Weil ihr gerade den Abtreibungstopf erwähnt… Wir haben euer Programm durchgelesen und in diesem fordert ihr auch gratis Öffis in Innsbruck, ein verbilligtes Klimaticket, das Ende von den Aufnahmehürden und die Entprivatisierung der Mensen. Bei all diesen Punkten fragen wir uns, wie realistisch das alles ist und wo die Grenzen der ÖH liegen. Ist das alles gut umsetzbar?

Wir sehen die ÖH eher als Gewerkschaft, die für die Interessen der Studierenden bei der Regierung Druck machen sollte. Zusätzlich könnte man viele dieser Projekte mit dem eigenen Budget der ÖH umsetzen, aber auch viele nicht, wie zum Beispiel gratis Öffis für Studierende in ganz Österreich. Das werden wir nicht nur mit den ÖH-Geldern umsetzen können, aber trotzdem wäre es unsere Aufgabe als gesetzlich verankerte Studierendenvertretung bei den Regierenden und Entscheidungstragenden Druck zu machen, um diese Ziele irgendwann umsetzen zu können.

Dann kommen wir jetzt zu unserer letzten Frage: Parteien, die sich in der Vergangenheit als kommunistisch bezeichnet haben und die Macht in einem Land erlangten, missbrauchten diese, wenn wir speziell das 20 Jhdt. betrachten, mit prekären Folgen für die Menschen im jeweiligen Land. Wie gehen sie mit dieser Vergangenheit um und setzten sie Schritte, um sich davon zu distanzieren?

Also ich finde es ist ganz wichtig zu sagen, dass wir uns von vergangenen kommunistischen Diktaturen, wie zum Beispiel der unter Stalin, komplett distanzieren. Mit dem haben wir gar nichts zu tun. Wir haben einen modernen Zugang zum Wort Kommunismus und konzentrieren uns auf die Idee des Kommunismus, eine befreite Gesellschaft zu fordern, eine Gesellschaft in der alle ein schönes Leben haben können und frei sein können, diese Idee unterstützen wir.

Und was man auch dazu sagen muss, also wie wir uns konkret davon distanzieren: wir sind basisch-demokratisch organisiert und hierarchielos. Wir treffen alle Entscheidungen gemeinsam und bei uns kann auch jeder mitreden: jede Stimme wird gleich viel gewertet. Und wir sehen den Weg in eine befreite Gesellschaft als offen und undogmatisch. Das heißt nicht, dass wir als KSV-Lilli vorgeben wollen, wie wir jetzt genau die Welt verändern müssen, sondern wir wollen einen Diskurs schaffen, wo ganz viele Perspektiven, Bewegungen und Stimmen mitreden können, um letztendlich dann den Kapitalismus zu überwinden.

*Interviewer: David Peric, Pius Hartmann Christian Siess

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