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Theaterempfehlung: “All das Schöne”

Daniel Jarosch
Daniel Jarosch

Ein Theater im Keller eines Wohnhauses. Die Lichter gelb und die Deko schlicht. Menschen sitzen verstreut auf Sofas und Stühlen. Es herrscht eine angenehme Stimmung. Vielleicht so wie in einem Wohnzimmer, das gefüllt ist mit Bekannten und Freunden. Eine schwarzhaarige Frau steht in der Mitte des Raumes. Leichtfüßig geht sie umher und redet verspielt mit den Gästen. Sie besitzt eine Aura, die wir nicht sofort entschlüsseln können. Dazu kommen Stirnfranzen, ein bunter Rock und ein Pullover mit kindlichen Streifen.

Wir schauen gespannt, als sich die Tür schließt. Die Frau mit den Stirnfranzen sieht sich heiter um und sagt: „Die Liste habe ich nach ihrem ersten Versuch angefangen. Eine Liste mit allem Schönen auf der Welt. Alles wofür es sich zu leben lohnt:“

  1. Eiscreme
  2. Wasserballschlachten
  3. Länger aufbleiben als sonst und fernsehen dürfen und fernsehen dürfen
  4. Die Farbe Gelb

Die Punkte werden laut von den Bekannten und Freunden im Raum vorgelesen. Jeder hat ein Lächeln auf dem Gesicht. Jeder ist fasziniert von dieser Frau mit den Stirnfranzen. Jeder lächelt, obwohl sie verstehen, dass die Liste für ihre Mutter geschrieben ist und sie sich versucht hat umzubringen. Die Frau mit den Stirnfranzen erzählt weiter. Das Publikum folgt entzückt ihren Lippen:

  1. Nette alte Leute, die nicht komisch sind und nicht ungewöhnlich riechen
  2. Ins Meer pinkeln und niemand weiß es

Im Laufe der Erzählung wird die Frau mit den Stirnfranzen immer auffälliger. Ihr Lachen wird immer schriller, ihre Blicke immer schneller, der Inhalt skurriler. Die Schauspielerin scheint mit der Grenze des Wahnsinns zu spielen. Sie hantiert mit dem Schloss und schaut über die Mauer. Das Publikum spürt das. Das Publikum will mehr. Vielleicht hat es auch ein wenig Angst, aber im nächsten Moment lacht es wieder:

  1. Der Geruch von alten Büchern
  2. So stark lachen, dass einem die Milch aus der Nase schießt

Zum Schluss bleibt eine nachdenkliche, aber herzliche Stimmung im Raum. Das Lied „Dream Baby Dream“ von Suicide ertönt. Ich nicke meinen Freunden und Bekannten zu und sage gute Nacht.

Die nächsten Vorstellungen des Stücks „All das Schöne“ von Duncan Macmillan sind: DO 15. / FR 16. / SA 17. / DI 20. Dezember, jeweils 20 Uhr in der Jahnstraße 25

Wenn du Bock hast hinzugehn: https://www.theater-praesent.at

                      

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