Folge
Newsletter
Anmelden

ÖH-Wahlen: VSStÖ im Interview

Von 9. bis 11. Mai finden die ÖH-Wahlen statt, die wir als Innsbrucker Studierendenmagazin in einer Interviewreihe näher beleuchten – jeden Tag erscheint ein Interview mit verschiedenen Spitzenkandidatinnen und -kandidaten. Heute ist der Verband Sozialistischer Student_innen in Österreich an der Reihe. Wir haben uns mit den beiden Innsbrucker VSStÖ-Spitzenkandidaten Hannah Gratl und Nick Grüner getroffen und ihnen folgende Fragen gestellt:

Die Zeitlos: Die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen ist bekanntlich sehr gering, in Innsbruck lag sie 2021 bei 18,5%. Warum glaubt ihr, dass so viele Studenten nicht zur Wahl gehen?

Hannah Gratl: Ein Grund ist, dass das Studium im Vergleich zu den Wahlperioden nicht lange dauert. Es gibt alle zwei Jahre Wahlen und wenn man einen Bachelor oder Master in Innsbruck macht, ist das relativ schnell vorbei. Dann denken Studierende, dass es sie nicht so sehr betrifft und deshalb interessiert sie die Wahl auch eher nicht. Sie wissen auch zu wenig über sie, da man außerhalb des Wahlkampfes nicht viel von der ÖH mitbekommt. Vor zwei Jahren war die Wahlbeteiligung zudem auffallend gering u.a. wegen der Pandemie, denn da hat man nicht so gut an die Studierenden herangehen können.

Könnte es auch an der geringen Arbeit beziehungsweise Sichtbarkeit der Arbeit der bisherigen Hochschulvertretung liegen?

Nick Grüner: Auf jeden Fall! In unserem Wahlprogramm fordern wir auch, dass die ÖH viel mehr an die Studierenden ranmuss. Wir schlagen beispielsweise vor, dass man monatlich ÖH-Stände macht an den verschiedenen Uni-Standorten, um die Referate vorzustellen und die Arbeit der ÖH überhaupt an die Studierenden zu bringen. So könnten wir zeigen, dass es uns gibt, was wir machen und was für einen Mehrwert wir an der Uni schaffen.

Warum sollte man die VSStÖ wählen? Was sind die Hauptanliegen?

Hannah Gratl: Wir stehen für einen freien und offenen Hochschulzugang und wir sind dafür, dass alle studieren können, die das wollen. Wir fordern eine bessere Vereinbarkeit von Studium und Arbeit oder Betreuungspflichten wie Kinderbetreuung und wir setzen uns auch sehr stark gegen Diskriminierung ein, z.B. mit unserer Forderung nach genderneutralen Toiletten oder Menstruationsartikel auf den Toiletten.

Nick Grüner: Den Kampf für den offenen Hochschulzugang führen wir auch schon sehr lange, weil zum Studieren so viel mehr dazugehört als nur zu jeder Vorlesung zu gehen. Wir wollen das Leben von Studierenden nachhaltig besser machen und setzen uns auch ganz klar für gesellschaftspolitische Themen ein: da gehören beispielsweise leistbares Wohnen und Öffis dazu. Wir finden nicht, dass diese Themen vor den Hochschulen aufhören. Dies sehen andere Fraktionen anders, aber wir kämpfen weiter dafür.

Wo liegt eurer Meinung nach das größte Problem an der Uni Innsbruck?

Nick Grüner: Ad hoc würde ich wieder die Sichtbarkeit von der ÖH nennen. Und diese gesetzlich verankerte Studienvertretung, die fast einmalig in Europa ist, auch zu nutzen.

Hannah Gratl: Die andauernden Teuerungen, die aber nicht nur uns Studierende betreffen und das Fehlen des leistbaren Wohnraums, ist uns ein sehr großes Anliegen.

Ein großer Teil unseres ÖH-Beitrags geht an die Hochschulvertretungen. Wofür wollt ihr das Geld verwenden? Habt ihr konkrete Ideen?

Hannah Gratl: Wir fordern, dass es mehr Fördertöpfe von der ÖH gibt. Also z.B. ein Fördertopf für Schwangerschaftsabbrüche, welche nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Auch ein Fördertopf für Exkursionen, weil diese in vielen Fächern verpflichtend und auch teuer sind. Wenn du dir das nicht leisten kannst, kannst du das Studium nicht abschließen. Oder einen Kautionsfördertopf. Man muss den Studierenden einfach mehr unter die Arme greifen.

Wie realistisch sind diese Forderungen? Wo liegen da die Grenzen der Macht der ÖH?

Nick Grüner: Die meisten Ideen mit den Fördertöpfen sind sehr leicht umsetzbar. Das ist ein Budget, das die ÖH zur Verfügung hat, da geht’s um die Verteilung von Geldern. Schwieriger wird bei gesellschaftspolitischen Themen wie leistbares Wohnen oder günstige Öffis. Natürlich sehen wir die Grenze da bei der Kompetenz der ÖH, die kann das einfach nicht regeln. Aber wir machen vor diesen Grenzen nicht Halt, wir wollen immer mehr eine Interessensvertretung für die Studierenden vor der Politik sein.

In eurem Wahlprogramm fordert ihr die verstärkte Auseinandersetzung mit queerpolitischen Themen, darunter die Förderung von FLINTA-Personen und ihren Anliegen und wollt so die Sichtbarkeit und den Unialltag von FLINTA/LGBTQ+-Personen erhöhen bzw. erleichtern. Welche Maßnahmen wollt ihr konkret setzen oder versteckt ihr euch nur hinter leeren Floskeln?

Hannah Gratl: Ich hab’s vorhin schon angesprochen, die genderneutralen Toiletten. Es gibt an der Uni derzeit vier, verteilt auf verschiedene Standorte und es braucht noch deutlich mehr, denn es gibt vor allem Frauen- und Männertoiletten. Als nichtbinäre Person oder als Transperson ist es oftmals schwierig, sich zu überwinden, auf eine bestimmte Toilette zu gehen. Diese Belastung müsste nicht da sein: Man könnte einfach eine genderneutrale Toilette bauen.
Zusätzlich vertreten wir die Forderung nach freier Namens- und Pronomenwahl. Im Moment ist es so, dass der Name und die Anrede im Unisystem schlecht oder kaum veränderbar sind, außer du lässt deinen Namen oder dein Geschlecht offiziell ändern. Es wäre einfach, wenn man so eine dritte Zeile oder Spalte im Unisystem hinzufügen kann, wo die Studierenden selbst aussuchen können, welchen Namen und welches Pronomen sie da angeben, damit sie einfach nicht mit dem falschen Namen oder der falschen Anrede angesprochen werden.

Nick Grüner: Wir schaffen auch jetzt schon Sichtbarkeit für die queere Community in dem wir in UV-Sitzungen Anträge stellen für gewisse Aktionen und Veranstaltungen z.B. mit dem queeren Chaoskollektiv oder zum Trans Visibility Day. Es ist wichtig, dass die ÖH über den Insta-Account oder den E-Mail-Verteiler darauf aufmerksam macht. Da ist es bisher eigentlich immer von uns ausgegangen, dass das sichtbar gemacht wird.

Ihr steht auch sehr für den freien Zugang zur Uni. In eurem Programm steht der Punkt „Keine Aufnahmetests“. Sollen neue Aufnahmetests verhindert werden oder jetzige abgeschafft werden?

Nick Grüner: Wir sind generell gegen eine Beschränkung des Hochschulzugangs, also kämpfen wir im Endeffekt für die Abschaffung der Aufnahmetests. Uns ist natürlich bewusst, dass dafür die Infrastruktur und das Angebot geschaffen werden muss – also es kann jetzt nicht einfach der Medizinaufnahmetest abgeschafft werden, das würde z.B. mit den Praktika nicht funktionieren. Aber mit den neuen technischen Mitteln in der Lehre kann man’s schon schaffen, dass jede*r das studieren kann, was er möchte, auch ohne Aufnahmetests. Dazu kann man auch technologische Hilfsmittel herbeiziehen, sodass die Hörsäle trotzdem nicht überfüllt sind.

Dann noch eine größere Frage: In der SPÖ läuft gerade eine Mitgliederbefragung und ein ziemlich großer Umbruch, hat das Einfluss auf euren Wahlerfolg?

Nick Grüner: Ich glaube nicht, dass es so einen großen Einfluss haben wird, auch wenn ich finde, dass es schwer zu vorherzusagen ist. Dennoch bin ich nie darauf angesprochen worden in den letzten Wochen an den verschiedenen Uni-Standorten. Die Leute verbinden uns nicht so sehr mit der SPÖ, dass sie denken, wir sollten da jetzt eine Meinung dazu haben.

*Interviewer: Christian Siess, Pius Hartmann, David Peric
*Titelbild von Michael Kropaček

Total
0
Shares
Vorheriger Artikel

ÖH-Wahlen: Junos im Interview

Nächster Artikel

ÖH-Wahlen: GRAS im Interview

Verwandte Artikel