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Der Botanische Garten – Entspannung und Natur mitten in Innsbruck

Der Botanische Garten der Universität Innsbruck ist ein kleines, aber wichtiges Element im Gefüge der Stadt. Die Lage in Hötting hebt ihn aus der vollen Innenstadt, trotzdem ist er nur 15 Gehminuten vom Marktplatz entfernt. Vor allem aber beherbergt er mehr als 7000 Pflanzenarten aus der ganzen Welt.

Nach fast drei Jahren in Innsbruck stieß ich im Frühling 2021 bei einem abendlichen Spaziergang zufällig auf den Botanischen Garten, musste einen Besuch aber aufgrund der Öffnungszeiten verschieben. Jetzt, etwa ein Jahr später, besuche ich ihn häufiger und merke, dass die Atmosphäre dort nicht nur eine entspannende Wirkung, sondern auch eine starke Faszination auf mich ausübt. Es gibt eine Reihe von Elementen, die diese einzigartige Atmosphäre ausmachen, von denen ich hier gerne einige anführen möchte.

Betritt man den Botanischen Garten durch den südlichen Eingang, ist das Erste, das man sieht, ein kleiner Teich mit Seerosen, Fischen und einem kleinen Bach, über den, versteckt hinter ein paar Bäumen, eine kleine Brücke führt. Nachdem der Stadtteil Hötting im Vergleich zu Innsbrucks Stadtzentrum bereits weniger lärmbelastet ist, hört man nun Bienensummen, Vogelgezwitscher und das Rascheln der Eidechsen im Laub. Mehrere leicht geschwungene Wege schlängeln sich zur linken Seite zwischen Bäumen, Wiesen und Sträuchern hindurch, sanft dem Anstieg des Hanges folgend, auf der rechten Seite ist eine sehr stark verkleinerte Gebirgslandschaft mit Felsen und Hügeln nachgebaut. Folgt man einem der Wege, stößt man früher oder später auf einen von zwei Brunnen, auf Bänke und natürlich auf… Pflanzen. Man findet einen Duft- und Tastgarten, weiter oben einige Gewächshäuser, gefüllt mit tropischen Pflanzen, die die Innsbrucker Temperaturen im Freien nicht überleben würden.

Zunächst einmal ist da die offensichtliche Ruhe, die ich an diesem Ort sehr schätze, laute Geräusche der Umgebung werden von den Lauten der Natur verdrängt. Schall wird außerdem durch die Pflanzen im Gegensatz zum Beton und Asphalt der Stadt gedämpft, wodurch es auch grundsätzlich leiser ist. Obwohl der Botanische Garten nicht besonders groß ist, fühle ich mich in einer anderen Welt, außerhalb der Stadt, woran auch die eine oder andere Sirene, die gelegentlich zu hören ist, oder der in Innsbruck omnipräsente Flugzeuglärm nichts ändern kann.

Dieses Gefühl der Abgeschiedenheit hängt auch mit der Natur, den Lebewesen selbst zusammen – nicht nur Pflanzen gehören zum Botanischen Garten, sondern auch Tiere. Dass Pflanzen Tiere brauchen und umgekehrt, ist bekannt, aber gerade im Botanischen Garten zeigt sich, wie stark diese Beziehung ist. Nirgendwo sonst in Innsbruck, auch nicht im weitaus größeren Hofgarten, konnte ich derart viele Insekten und Eidechsen an einem Platz beobachten. Diese Tiere, von denen sich mit etwas Geduld sehr viele beobachten lassen, lassen den Botanischen Garten in meinen Augen wie die Utopie eines fairen Zoos wirken, in dem sich die Tiere nicht in Gefangenschaft befinden.

Schließlich gibt es noch die Faszination des Unbekannten – es finden sich nicht nur heimische Pflanzen dort, sondern auch solche aus weiter entfernten Regionen, von Nordamerika bis Japan. Diese Pflanzen selbst bringen ein Bild von Fremdartigkeit mit, das durch die Gewächshäuser, voll von Palmen und Kakteen, noch verstärkt wird. Das Wissen, dass diese Pflanzen aus einem komplett anderen Lebensraum stammen, in Kombination mit der Anwesenheit der Gewächshäuser, versetzt einen scheinbar in den Garten eines – beinahe – verrückten Wissenschaftlers, in dem man in wenigen Schritten vom alpinen über das mediterrane bis hin zum tropischen Klima wechseln kann.

Vor über 200 Jahren ursprünglich auf dem Gebiet, das heute die Theologische Fakultät beheimatet, gegründet, übersiedelte der Botanische Garten Innsbruck 1909/1910 an seinen heutigen Standort in Hötting. Später wurde mit dem zusätzlichen Alpengarten am Patscherkofel der höchstgelegene botanische Garten Österreichs eröffnet. Besonders im Sommer, wenn die Pflanzen Blätter und Blüten tragen, stellt der Botanische Garten eine Vielfalt von Leben dar, die innerhalb von Innsbruck einzigartig ist.

Gleichzeitig nimmt der Botanische Garten auch eine wichtige Rolle für die Stadt Innsbruck ein. Auf universitärer Seite ist er ein Forschungszentrum, das Institut für Botanik befindet sich direkt in einem angrenzenden Gebäude. Für die Studierenden dieses Instituts stellt er eine Möglichkeit dar, in Innsbruck Pflanzenarten aus anderen Lebensräumen und Regionen aus erster Hand zu erfahren. So man möchte, kann man auch als nicht-Biologe*in durch die im ganzen Areal verteilten Infotafeln mehr über die Pflanzen und ihre Ökosysteme lernen.

Für Menschen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Universitäten ist der Botanische Garten vor allem als Ort der Entspannung wichtig. Abhängig von Tages- und Jahreszeit finden sich dort Kinder mit deren Eltern, sich Sonnende, Spaziergänger*innen aller Generationen, oder eine Bande etwa siebenjähriger Kinder auf Schnitzeljagd, die in dem Moment, in dem ich durch den Eingang trat, unter lauten „Da ist einer!“-Rufen auf mich zuliefen und fragten, wie viel Uhr es sei.

Gerade diese Beliebtheit bei Menschen unterschiedlichen Alters zeigt, dass der Botanische Garten der Universität mehr ist als eine reine Forschungsstätte, dass seine Wirkung und Atmosphäre über die Grenzen der Universität hinaus nicht an Stärke verlieren und dass er ein eindeutiger Gewinn für Stadt, Universität und Bewohner*innen ist.

Homepage des Botanischen Gartens: https://www.uibk.ac.at/botany/botanical-garden/

Bilder: Daniel Singh

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