Das Theater praesent und Partner*innen zeigen ein Stück über das Schicksal junger Sportler*innen, gefangen im Hamsterrad des Leistungsdrucks, immer dazu angehalten, noch schneller zu laufen.
Die „charmanteste Sportart der Welt” sei die Rhythmische Sportgymnastik, so sagte einmal Juan Antonio Samaranch, ein ehemaliger Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Regisseurin Elke Hartmann und Theatermacherin Marion Rothaar zeigen, dass dieser Charme keineswegs naturgegeben, sondern mit Schweiß und Tränen teuer bezahlt wird.
Rothaar, in jungen Jahren selbst ein Ass der Rhythmischen Sportgymnastik, weiß, wovon sie spricht. Auf der Bühne schlüpft die Olympionikin in die Rolle der Erzählerin und Trainerin. Unnachgiebig treibt sie ihr junges Talent (charmant verkörpert von Rahel Jankowski) mit harten Worten zu neuen Höchstleistungen.
Im Zentrum der Kritik steht der immense Druck, welcher auf die Sportler*innen ausgeübt wird. Das Training selbst wird mit dem Abrichten eines Hundes verglichen, die Person und das Kind hinter dem Körper wird dabei ausgeblendet. Rothaar erzählt von den extremen ästhetischen Ansprüchen, welche den Athlet*innen aufgezwungen werden: Dünn, nicht aber dürr soll ein*e Gymnast*in sein, dabei stark, keineswegs aber muskulös, um die Illusion spielerischer Leichtigkeit nicht zu verderben. Die Fetischisierung kindlicher Körper wird angeprangert.
Der wirtschaftliche Aspekt des Profisports, der Druck der Eltern und der Trainerin, allen voran aber der Traum von Olympia erlauben der Sportlerin keine alternative Zukunftsvorstellung als die des Leistungssports. Ihre ganze Welt rotiert um Ziffern, die auf Zetteln von Punkterichter*innen oder Anzeigescheiben von Personenwaagen stehen. Psychische Erkrankungen seien in diesem Kontext normal, so Rothaar. Plakativ absolviert Jankowski mehrere Runden eines Zirkeltrainings, regelmäßig unterbrochen durch einen schrillen Pfiff aus der Trillerpfeife der Trainerin und einem enttäuschten Blick auf die Waage, bis sie schließlich erschöpft zusammenbricht.
Die auf der Bühne herrschende Spannung wird immer wieder durchbrochen durch atemberaubende gymnastische Einlagen von Romana Nagler – in anderer Besetzung Sophia Cirabisi – in schillerndem Kostüm und nahezu feenhafter Eleganz. Kontextualisiert hinterlässt die scheinbare Mühelosigkeit, mit der die Athletin die Kür absolviert, einen fahlen Nachgeschmack.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels gilt „Körper am Ende der Welt” in Innsbruck bereits als abgespielt. Weitere Aufführungen sind für den 16.03.2023 im Mierscher Kulturhaus sowie am 26. und 27. 10. 2023 in der Abtei Neumünster in Luxemburg geplant.
Die Builder stammen aus der Linse von Daniel Jarosch.