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“Don’t Look Up!” – Filmkritik

Quelle: Justin W @Unsplash

Der im Dezember auf Netflix erschienene Film “Don’t Look Up!”  von Adam McKay wird gemeinhin als Kritik am Umgang mit dem Klimawandel verstanden. In ihm entdecken zwei Wissenschaftler*innen, dass ein Komet auf die Erde zurast und diese innerhalb der nächsten sechs Monate zerstören wird. Als sie daraufhin die US-amerikanische Präsidentin warnen wollen, werden sie ignoriert – ebenfalls wie vom Großteil der Gesellschaft. Die Analogie zum Klimawandel ist offensichtlich – aber passt der Vergleich wirklich?

Doch erst einmal zum Film selbst. Die Besetzung ist herausragend: Von Leonardo DiCaprio, Jennifer Lawrence über Jonah Hill, Timothée Chalamet bis hin zu Meryll Streep, sind hier allesamt großartige Schauspieler*innen am Werk. Geboten wird hier ein Feuerwerk an bekannten Gesichtern, mit Ariana Grande und Kid Cudi auch Stars aus der Musikwelt. Das wird sicherlich einer der Gründe sein, warum der Film bisher so erfolgreich auf Netflix ist.

Die Machart hingegen, vor allem die wacklige Kameraführung und der rasante Schnitt, sind eindeutig auf die Sehgewohnheiten von Streaming-Abonennt*innen zugeschnitten. Die Bilder sind bunt bis grell und lassen sich so ohne große Verluste auch auf kleineren Geräten konsumieren. Das hat den Vorteil, dass der Film die meiste Zeit sehr kurzweilig ist. Es hat aber auch den Nachteil, dass man sich manchmal wie in einem Instagram-Reel oder TikTok-Video vorkommt. Und leider wirkt der Film gegen Ende seiner Laufzeit von stattlichen 138 Minuten dann auch etwas abgeschmackt. Vor allem die Einstellungen aus dem All sind plump und billig inszeniert.

Nicht alles was hinkt…

Kritiker*innen sind sich einig, dass der Film eine Metapher über den Klimawandel ist. Der Komet steht für die bald eintretende Klimakrise (Er könnte aber ebenso gut für die Covid-Pandemie stehen, zu Drehbeginn war diese jedoch noch nicht absehbar). Der Vergleich des Kometen als Klimawandel hinkt, weil er eine recht einfache Lösung suggeriert. „Ein paar Raketen und das Problem wäre gelöst“. Hier ist es am besten gar nicht weiter nachzudenken, sonst stellt man sich schnell Fragen wie „Sind nicht wir Menschen eher wie der Komet, der alles zerstören wird?“ Doch auch abgesehen von dieser Vereinfachung, bietet uns der Film ein gefährlich bequemes Narrativ.

Wir gegen Die

Im Film stehen der Rettung der Welt nur zwei Akteur*innen im Weg. Zum einen die klar Donald Trump nachempfundene US-Präsidentin samt Gefolgschaft stereotyper „Rednecks“. Zum anderen ein reicher Silicon Valley Unternehmer, eine Art Mischung aus Peter Thiel und Mark Zuckerberg. Die Eine interessiert sich nur für den Erhalt ihrer Macht und der Andere nur für den maximalen Profit. Beide lassen deshalb lieber die Welt untergehen, als ihren eigenen Interessen abzuschwören. Vermutlich soll damit Kritik am Populismus und am kapitalistischen Streben nach Profitmaximierung geübt werden. Geschenkt, Populist*innen leugnen in aller Regel den Klimawandel uns die Klimakrise ist die direkte Konsequenz der kapitalistischen Verwertungslogik. Letztlich bedient sich der Film mit seiner Kritik aber selbst populistischer Argumentationsweisen. Die Anhänger der Präsidentin sind übergewichtige, naive „Rednecks“, die fremdenfeindliche Parolen grölen. Fertig ist das oberflächliche Feindbild. Schuld am Ende der Welt sind die Populist*innen, die Rechten und die Kapitalistinnen. Der Rest, also wir, lässt sich nichts zu Schulden kommen.

Das Herunterbrechen der Klimaproblematik auf ein „Wir gegen Die“ ist an sich schon fragwürdig, doch was dabei vergessen wird: Auch Nicht-Populist*innen und die vermeintlich „Guten“ verschleppen seit ewigen Zeiten die Bekämpfung der Klimakrise. Und dabei muss man den Trumps und Bolsonaros dieser Welt zu Gute halten, dass sie wenigstens ehrlich sind. Sie bekennen sich dazu, dass ihnen die Umwelt egal ist. Ein Politiker wie Obama hingegen, sprach viel von der Umwelt – nur um dann den amerikanischen Öl- und Gasboom einzuleiten. Währenddessen leben wir Zuschauer*innen weiter auf Kosten der Umwelt.

Unterhaltung auf hohem Niveau

McKays Komödie hat dennoch viele gute Momente – vor allem was den schwarzen Humor betrifft. Die amerikanische Gesellschaft wird von allen Seiten aufs Korn genommen. Wie bei der Kernprämisse entsteht jedoch der Eindruck, dass der Film Dinge anschneidet ohne sie zu Ende zu denken. So findet vieles seinen Weg in den Film, doch der Grund dafür bleibt öfters unklar. Es werden etwa Un-Soziale Medien, die Opioid-Pandemie, Kryptowährungen, blinder Technikwahn und vieles weiteres aufgerufen, ohne deren Relevanz für den Film zu erklären.

Mein Fazit lautet deshalb: bei Weitem nicht Adam McKays bester Film, aber auf jeden Fall sehenswert. Der Film bringt gute Unterhaltung, solange man nicht zu viel darüber nachdenkt. In Netflix riesigem Portfolio ist er außerdem einer der besseren Filme und daher ein Muss für jede*n Abonnent*in.

Beitragsbild: Justin W @Unsplash

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