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Die Theorie von Allem und Nichts

© 2021 Neue Visionen

Eine Rezension über den Film „Die Theorie von Allem“ von Timm Kröger, gesehen im Leokino:

Eine illustre Gruppe an Naturwissenschaftlern kommt in den 60erJahren des letzten Jahrhunderts in einem Grand Hotel in den Schweizer Alpen zusammen. Man erwartet die Enthüllung der Theorie von Allem durch einen iranischen Physiker, den seltsamerweise kaum jemanden kennt. Der junge Doktorand Johannes (Jan Bülow) soll seinen Doktorvater Dr. Strathen (Hanns Zischler) auf die Konferenz begleiten, während dieser Johannes‘ Dissertation korrigiert und seine Skepsis vor dessen kruden Theorien kaum verbirgt und sie mit den Worten „mathematische Esoterik“ zusammenfasst. Die Idee des physikalisch-mathematischen Beweis hinter der Theorie Schrödinger’s und anderen, ist Johannes im Traum gekommen und von der Wahrheit seiner Idee überzeugt, versucht er verzweifelt, damit den langersehnten Doktortitel zu erreichen, auch weil der Großvater sonst den Geldhahn zudreht. Während des Aufenthalts in den Alpen erscheinen Johannes die Dinge merkwürdig, die Begegnung mit der mysteriösen Hotelpianistin Karin (Olivia Ross) lässt ihn immer weiter in einen Strudel geraten, der vor gewaltigen Bergpanoramen inklusive bizarrer Wolkenformationen an Fahrt aufnimmt.

Prof. Blumberg (Gottfried Breitfuß), den Johannes dennoch um eine Meinung zu seiner Arbeit bittet, obwohl ihn sein Doktorvater nicht ausstehen kann, wird tot aufgefunden. Fremdverschulden offensichtlich, so entstellt ist sein Gesicht. Johannes hatte ihn am Morgen noch gesehen und er war ihm unerklärlich gealtert vorgekommen. Zu diesem Zeitpunkt könnte das Publikum meinen, das läge wohl an dem LSD am Vorabend, das sich beim Zubettgehen für Prof. Blumberg zu einem schlechten Trip entwickelte. Das Muster des Teppichs begann zu tanzen, ganz wie in Fear and Loathing in Las Vegas und im Fahrstuhl wurde er ganz klaustrophobisch. Doch etwas scheint Prof. Blumberg widerfahren zu sein, denn seine Abreise war überstürzt. Die zwei daraufhin ermittelnden Kommissare in Ledermantel und Hut bringen mit ihrer Schweizer Knorrigkeit immer wieder eine Auflockerung gegenüber der restlichen Dramatik von multiplen Dimensionen, Quantenphysik und dem Bösen im Berg. Denn bei Prof. Blumbergs Tod wird es nicht bleiben. Hängt all das vielleicht mit den düsteren Männern zusammen, die wie bei Michael Endes Momo manchmal unerwartet in der schneebedeckten Landschaft auftauchen…?

Bezüge zu Filmgenres wie dem Stummfilm, dem Alpenkino der 30er-Jahre, Film Noir und Hitchcock scheinen durch, unterstrichen durch die Wahl eines Schwarzweißfilms, der Licht und Schatten zu eigenen Schauspielern werden lässt. Dazu untermalt die Musik das weißgrauschwarze Alpenpanorama einnehmend und episch ganz nach Hans Zimmer. Das Setting in den schneebedeckten Schweizer Alpen gibt Zauberberg-Vibes und die immer wiederkehrenden Totalaufnahmen der Berge in Kombination mit obskuren Wetterphänomenen muten abstrakt an. Passend zum Inhalt, denn nach zwei Dritteln des Films fragt man sich, wie all das jetzt noch stimmig aufgelöst werden kann, und merkt plötzlich, dass man ganz angespannt im Kinosessel fläzt. Leider werden die einzelnen Erzählstränge zwar lose miteinander verknüpft, aber ein Gesamtbild ergibt sich nicht. Man verbleibt maximal verwirrt, durchaus beeindruckt, aber kaum berührt. Vielleicht liegt es auch an der Abwesenheit von Farbe im Film, wodurch jedoch beim Verlassen des Kinos die Farben der Alltagswelt besonders leuchten.

Liebhaber*innen von düsteren Bergwelten auf Leinwand und dem Stimmungsgefühl der Serie „Dark“ werden hiermit voll auf ihre Kosten kommen, auf eine erleuchtende Inspiration zu Fragen des Unerklärlichen sollte man jedoch nicht hoffen.

Die Theorie von Allem; Deutschland/Österreich/Schweiz 2023; Regie: Timm Kröger; Buch: Roderick Warich, Timm Kröger; Kamera: Roland Stuprich; Darsteller*innen: Jan Bülow, Olivia Ross, Hanns Zischler, Gottfried Breitfuß u.a; 118min.

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