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„Ein Gefangener“: Von Hoffnungslosigkeit und Menschlichkeit

Oft meinen wir, dass sich hoffnungsvolle Situationen von hoffnungslosen unterscheiden. So mag die Situation kurz vor Ende eines Krieges sehr verwirrend sein, denn die Aussicht auf Frieden schürt Hoffnung, sogleich sie doch von dem ganzen Elend und Leid überschattet wird.

Otto Grünmandl schreibt von diesen „sinnlosen Wirren des Krieges“ (haymonverlag.at, 2019) in seiner Novelle Ein Gefangener, die gerade im aut. architektur und tirol als szenische Lesung performt wird. Die Erzählung spielt kurz vor Ende des 2. Weltkrieges im deutschsprachigen Gebiet und handelt von einem Gefangenen und seinem Wachsoldaten, der den Gefangenen einem Befehl zufolge in ein Gefangenenlager bringen soll. Die Unsinnigkeit dieser Tätigkeit – das Kriegsende ist absehbar – bringt die Grausamkeiten eines Krieges und von Gefangenschaft etwas näher an die Zuschauer*innen im hohen, an zwei Wänden bis zur Decke verglasten Raum.

„Der zu Boden gehaltene Blick des Gefangenen blieb an den groben, fetzenumrandeten Holzpantoffeln, in denen seine Füße staken, hängen. Erbarmen überkam ihn mit diesen armen, vor Kälte steifen Füßen, die ihm gehörten und die ihm doch wieder leidtaten, als wären sie etwas Selbständiges, etwas, das nirgendwohin gehörte, etwas unsagbar Verlassenes.“

Ohne Hoffnung

Hinter der Bühne und somit auch hinter den hohen Glaswänden des aut. unterstreichen im strömenden Regen immer wieder Züge und Lkws die Stimmung, die Grünmandl und die Schauspieler*innen ungefiltert auf das Publikum projizieren. Otto Grünmandls ausdrucksstarke Sprache wird von den abwechselnd hoffnungsschaffenden und auch hoffnungszerstörenden Tönen eines Hackbretts eindrucksvoll bekräftigt. Obwohl Grünmandl als Kabarettist bekannt ist, hat er mit Ein Gefangener einen tiefgehenden Appell für Menschlichkeit geschaffen, den die Bühnenkünstler*innen in Zeiten eines in Europa stattfindenden Krieges wieder neu anbringen.

„Der Gefangene badete seine Füße. Langsam, überaus vorsichtig tauchte er sie in das lauwarme Wasser und stöhnte dabei leise; dann löste er den alten Verband, schüttete das schmutzige Wasser weg und gab neues dazu.“

Voller Hoffnung

Noch zwei weitere Male lädt der Verein Hausnummer zum Abend zwischen szenischer Lesung und postdramatischer Perfomance – am 08.02. und am 19.02.

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