Der Januar – Monat vieler neuer Mitgliedschaften im Fitnessstudio und vermehrter gesunder Kochtipps in den sozialen Medien. Neujahrsvorsätze werden begonnen, durchgehalten und wieder gebrochen. Ein Kommentar von Priska Wörl
Der Januar ist zu Ende und somit der erste Monat, in dem viele versuchen, ihre Neujahrsvorsätze durchzuhalten. Und seien wir mal ehrlich, wer hat seine Neujahrsvorsätze jemals durchgehalten? Meist nehmen sich Leute völlig utopische Dinge vor. Nicht selten aus Zwang um 00:23 nach dem Anstoßen, einer Neujahrsumarmung und ein paar Wunderkerzen. „Ich möchte dieses Jahr keinen Alkohol mehr trinken, ups Mist, das war kein alkoholfreier Sekt. Und Renate, was hast du dir für das neue Jahr vorgenommen?“ und zack, werden Neujahrsvorsätze ausgesprochen wie etwa „Ich werde mindestens drei Mal die Woche Sport machen“, „Ich werde jeden Tag mit Yoga und Morgenmeditation beginnen“ oder „Ich werde Vorgekochtes mit in die Arbeit nehmen“. Wie jedes Jahr sind deshalb die ersten Tage und Wochen des neuen Jahres auf Instagram besonders unterhaltsam. Personen, die Sport abgrundtief hassen, versuchen, mit einer teuren Fitnessstudiomitgliedschaft und stylischen Sportoutfits wenigstens etwas Motivation für den guten Neujahrsvorsatz zu sammeln. Noch ein Foto oder eine Videosequenz hochladen – so können Freund*innen neidisch werden, denn man hat jetzt sein Leben im Griff. Außerdem erzeugt das regelmäßige Teilen der sportlichen Aktivitäten einen gewissen Druck, der spätestens dann notwendig ist, wenn die Motivation der neuen Aktivität, des kalorienarmen isotonischen Sportgetränks im sündhaft teuren Fitnessstudio und des schicken zusammenpassenden Sportoutfits (bestehend aus Leggings und gleichfarbigem Sport-BH – viel mehr Stoff wäre viel zu warm, man schwitzt ja schließlich) nachlassen.
Spätestens im April fällt dann doch auf, dass die 50 Euro für das Gym mit Saunanutzung vom Konto abgebucht werden. Denn nach der Poweryogastunde mit Sabine möchte man ja in der Sauna noch so richtig gut entschlacken. Der letzte Studiobesuch ist aber schon über einen Monat her. Und weil das unschlagbare Angebot, die ersten drei Monate gratis zu trainieren, nur für kurze Zeit verfügbar war, wurde auch im Kleingedruckten die Mindestlaufzeit von 24 Monaten überlesen.
Wenn schon der Sportvorsatz nicht funktioniert hat, so bleibt doch die Genugtuung, den Veganuary bis zum Ende mitgemacht zu haben. Und wer nicht weiß, was der Veganuary ist, der hat wahrscheinlich den Vorsatz, weniger Zeit auf social media zu verbringen, bisher gut durchgehalten. Der #Veganuary ist eine Wortneuschöpfung aus „Vegan“ und „January“ (englisch für Januar) – „vegan“ ist in dem Kontext natürlich auch englisch auszusprechen. Unter diesem Hashtag ist eine Art Challenge entstanden, sich den gesamten Monat Januar vegan zu ernähren.
Auch wenn die Ernährung nur teilweise vegan („Was, das waren Eiernudeln?“) oder nur ein Tag die Woche vegan abläuft, kann man dennoch den beliebten Hashtag zu den Fotos der veganen Mahlzeiten hinzufügen. Denn Eiernudeln sieht man ihr „nicht-vegan-sein“ ja nicht an und die 436 Instagram-Follower*innen können beeindruckt sein vom Durchhaltevermögen und den kreativen Gerichten. Und mithilfe von 3 halbierten Cherrytomaten und einem schön drapierten Basilikumblatt sehen selbst die Spaghetti mit Olivenöl („Es ist Sonntag, wo soll ich denn da Sojahack herbekommen?“) nach einer gesunden und fotogenen Mahlzeit aus.
Und nur, weil Mandy bei Youtube jeden Tag ausgeglichen mit einer Morgenroutine aus Yoga und Meditation in den Tag startet, ist das auch automatisch deine Art zu dir zu finden und glücklich zu sein. Und wenn du einmal keine Lust auf einen Ceasar-Salat mit fettreduziertem Dressing hast – auch keine Schande – Hauptsache du fühlst dich wohl.
Und wer sich jetzt ärgert und gerne bei der Hashtagchallenge mitgemacht hätte: In nur 9 Monaten beginnt der #Movember – „Moustache“ und „November“, in dem es darum geht, sich einen Oberlippenbart stehen zu lassen. Und vielleicht helfen die übrig gebliebenen Aufputschmittel aus dem Januar ja für einen schnellen Bartwuchs.
Anmerkung:
Natürlich ist es immer gut, sein Leben in eine positive und gesündere Richtung zu lenken. Das kann aber auch abseits vom Start ins neue Jahr passieren. Die Enttäuschung, zu hoch gesetzte Ziele nicht zu erreichen, ist oft besonders groß und kann sich auch psychisch schnell kontraproduktiv auswirken. Deshalb möchte ich mich dafür aussprechen, sich Dinge vorzunehmen, die einem Spaß machen und gut tun. Denn der Faktor Spaß macht schlussendlich aus, ob man etwas langfristig auch gut und gerne macht. Und wer sich selbst gut kennt und weiß, dass solche Challenges gut für ihn/sie funktionieren – Toll! Nur sind solche Challenges nicht immer motivationsfördernd und unterstützen häufig problematische Körperbilder.