Wer in den letzten Wochen auf Netflix unterwegs war, hat ihr kaum entgehen können. Die Serie Heartstopper wurde von allen Seiten gepriesen, und katapultiere innerhalb weniger Tage auf die Top 10 Liste in über 50 Ländern. In den letzten Jahren haben viele große Filmproduktionen versucht, mehr Diversität in ihre Geschichten und Wahl der Schauspieler*innen zu bringen. Doch wieso hebt sich gerade diese Serie von den vielen anderen ab?
Auf den ersten Blick wirkt die Geschichte, beruhend auf den gleichnamigen Graphic Novels, relativ simpel: Sie erzählt die Highschool-Liebesgeschichte zwischen dem Außenseiter Charlie, ein offen homosexueller Teenager, und dem Rugby-Star der Schule Nick, der sich im Laufe der Serie als bisexuell outed. Doch sieht man sich die Serie etwas genauer an, fallen die kleinen aber doch entscheidenenden Unterschiede auf. Während andere Serien oft stereotype Charaktereigenschaften aufnehmen, sehr häufig zum Beispiel die des schwulen besten Freundes, der oft – beruhend auf den Erwartungen unserer Gesellschaft – typisch feminin gezeichnet wird oder zumindest nicht besonders „männlich“ (unterhält sich meistens über Kleidung, macht auswerfende Handbewegungen, spricht mit einer höheren Stimme und mag keinen Sport), macht Heartstopper genau das Gegenteil. Charlie rennt schneller als all seine anderen Klassenkameraden, ist richtig gut in Videospielen und spielt Schlagzeug. Nick, der von außen dem stereotypen Bild eines heterosexuellen Mannes entspricht (er spielt Rugy, ist breit gebaut und einer der beliebtesten Schüler der Schule), verliebt sich in einen anderen Jungen und outed sich als bisexuell. Einerseits bricht die Serie dadurch mit den stereotypen Bildern, andererseits erkennt sie Bisexualität, eine sexuelle Orientierung, die auch noch heute sehr stark von Vorurteilen geprägt ist und als ein Taboo gilt, vollkommen an.
Die Serie ist einfühlsam, offen und gibt nicht nur den Hauptpersonen sondern auch den Nebencharakteren den Raum die eigenen Identität zu zeigen und zu leben. Gleichzeitig verschönert sie nicht die Realität, sondern geht auch auf die Probleme ein, die es heute noch in westlichen Ländern in Bezug auf Akzeptanz und Ausgrenzung gibt. Wenn Nick’s lesbische Freundin Tara nach ihrem Outing eigenartige Blicke zugeworfen bekommt und sexuelle Anspielungen von Männern unter ihrem Instagram-Post erhält, dann ist das ein Spiegel der Realität. Eine unpersönlichere Diskriminierung, die nicht ins Gesicht gesagt wird, aber die dennoch genauso verletzt und wehrlos macht.
Obwohl gerade die westlichen Länder für eine offene und akzeptierende Gesellschaft stehen, tendieren wir dennoch dazu alles und jede*n in Kategorien einzuordnen und zu sortieren. Gerade deswegen ist es erleichternd all diese Rahmen zerbersten zu sehen und nur die Individualität aller Charaktere zu feiern. Ganz ohne Richtlinien oder Vorgaben an die es sich zu halten gilt. Wenn man es schaffen würde diese Grenzen nicht nur in der Serie verschwinden zu lassen, sondern auch im echten Leben, hätten alle Menschen die Möglichkeit viel mehr sie selbst zu sein. Unabhängig von sexueller Orientierung und Geschlecht. Es gäbe jeder*m die Freiheit anders zu sein.
Photo: Dara Shetty